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Band 4, Doppelheft 1+2, Oktober 2009, 272 Seiten

der Zeitschrift Hypnose - Zeitschrift für Hypnose und Hypnotherapie (Hypnose-ZHH)

Inhaltsangabe

  • Horst-Eberhard Richter
    Flexibilität oder Elterlichkeit? Wohin entwickelt sich die Familie?
  • Hans-Jürgen Wirth
    Narzißmus, Macht und Paranoia. Zeitgemäßes über Terrorismus, Krieg und Tod
  • Christan Felber
    Menschliche Werte – Werte der Wirtschaft. Neue Werte für die Wirtschaft
  • Burkhard Peter
    Die Ideengeschichte des Unbewussten in Hypnose und Psychoanalyse
  • Léon Chertok
    Die Entdeckung der Übertragung
  • J.Philip Zindel
    Hypnose - eine ganz besondere therapeutische Beziehung
  • Matthias Mende
    Die Utilisierung von Übertragung und Gegenübertragung in der lösungsorientierten Hypnotherapie
  • Hans Kanitschar
    Hypnosepsychotherapie, ein integratives, tiefenpsychologisch fundiertes Verfahren
  • J.Philip Zindel
    Überblick über die Hypnoanalyse
  • Klaus-D. Hüllemann
    Psychodynamik und Hypnotherapie. Fühlen, Denken, Helfen
  • Luise Reddemann
    Ego State Therapie, ein Bindeglied zwischen Psychoanalyse und Hypnotherapie
  • Harald Ullmann
    Die Katathym Imaginative Psychotherapie (KIP) als psychodynamisch orientiertes Behandlungsverfahren mit hypnotherapeutischem Hintergrund
  • O. Berndt Scholz
    Pathographie als Paradigma der Klinischen Psychologie und Psychotherapie. Beispiele aus Bildender Kunst und Dichtung
    Der Heidelberger Hypnoseprozess 1936. “Eine Frau sieben Jahre unter hypnotischem Einfluß. Eine schamlose Ausbeutung vor der Aufklärung?” Teil 1

Abstracts & Download

Horst-Eberhard Richter, Universität Gießen

Flexibilität oder Elterlichkeit? Wohin entwickelt sich die Familie?
Hypnose-ZHH, 2009, 4(1+2), 5-12

These: Das Machtwort „Flexibilität“ idealisiert eine den Umbrüchen und Unstetigkeiten der Wirtschaft willkommene Wendigkeit, aber kollidiert mit den Erfordernissen für die Entwicklung charakterlicher Konstanz und der Gestaltung verlässlicher Bindungen in Partnerschaft und Kindererziehung.

Standpunkt des Autors und Folgerungen: Eine fortschreitende Humanisierung unserer Kultur verlangt eine kritische Revision von Männlichkeit und Weiblichkeit auf dem Wege zu einer neuen Elterlichkeit.

Schlüsselwörter: Flexibilität, Elterlichkeit, Weiblichkeit, Männlichkeit, Charakter

Hans-Jürgen Wirth, Universität Gießen

Narzissmus, Macht und Paranoia. Zeitgemäßes über Terrorismus, Krieg und Tod
Hypnose-ZHH
, 2009, 4(1+2), 13-35

These: Narzisstisch gestörte Menschen streben nach Macht, weil sie damit ihr mangelhaftes Selbstwertgefühl kompensieren wollen. Umgekehrt nährt die Möglichkeit, Macht auszuüben, Größen- und Allmachtsphantasien.

Darlegung der These: Macht wirkt wie eine Droge: Die Selbstzweifel verfliegen, das Selbstbewusstsein steigt. Machtphantasien dienen häufig der Überwindung unerträglicher Ohnmachtsgefühle. Auch die kollektive Identität großer Gruppen ist oft durch ein Gemisch aus Machtphantasien, Ohnmachtsvorstellungen, Grandiositätsideen und narzisstische Kränkungen geprägt. Kollektive Traumata und die damit verbundenen Ohnmachtsgefühle und narzisstischen Kränkungen werden oft in kollektiven Demonstrationen der Macht ausagiert. Kriege aber auch der Terrorismus können in diesem Sinne verstanden werden. Häufig verzahnen sich Interaktionspartner, z. B. Terroristen und Staaten, die sich im »Krieg gegen den Terror« befinden, in einem Macht-Ohnmachts-Kampf, der beziehungsdynamisch als unbewusste narzisstische Kollusion (Jürg Willi) beschrieben werden kann.

Folgerungen: Diplomatische Initiativen zur Konfliktlösung müssen solche psychodynamischen Zusammenhänge mit berücksichtigen.

Schlüsselwörter: Macht, Ohnmacht, Narzissmus, narzisstische Persönlichkeitsstörung, Politik, Terrorismus

Christian Felber, Wien

Menschliche Werte - Werte der Wirtschaft. Neue Werte für die Wirtschaft
Hypnose-ZHH
, 2009, 4(1+2), 37-48

These: Die Werte, die heute in der Wirtschaft gelten, stehen in radikalem Widerspruch zu unseren humanen Alltagswerten.

Darlegung: Auf dem „freien“ Markt werden Egoismus, Gier, Geiz und Verantwortungslosigkeit belohnt. Zwischenmenschliche Alltagsbeziehungen gelingen hingegen durch das Leben von Kooperation, Solidarität, Wertschätzung, Vertrauensbildung und Mitgefühl. Dieser Wertewiderspruch spaltet uns als Individuen und als Gesellschaft. Das aktuelle Wirtschaftssystem untergräbt die Grundwerte der Gesellschaft. Vertrauen und Sicherheit werden systemisch zerstört.

Schlussfolgerung: Wir sollten deshalb die beiden Wertsphären aneinander angleichen. Das kann dadurch geschehen, dass wir die Regeln und Institutionen der Wirtschafpolitik so umpolen, dass sie nicht wie heute Egoismus und „Kontrakurrenz“ belohnen, sondern umgekehrt Solidarität und Gemeinwohlorientierung. Die ökonomischen Einzelakteure – die Unternehmen – sollten nicht länger vom Gesetzgeber auf das Ziel des Gewinnstrebens verpflichtet und in Kon(tra)kurrenz zueinander gesetzt werden, sondern auf das Gemeinwohl verpflichtet und zur Kooperation angereizt werden. Die Grundwerte soziale Verantwortung, ökologische Nachhaltigkeit, Demokratie und Solidarität sollten auf dem – dann erst – „freien“ Markt systematisch belohnt werden. Die Konsequenz wäre eine Wirtschaftsform, die auf Werten beruht, welche mit den humanen Alltagswerten übereinstimmen, kurz, eine, die soziale und ökologische Beziehungen gelingen lässt.

Schlüsselworte: Werte, Marktwirtschaft, Kapitalismus, Konkurrenz, Kooperation, Gewinnstreben, Erfolg, soziale Verantwortung, Nachhaltigkeit, Demokratie, Recht

Burkhard Peter, München

Die Ideengeschichte des Unbewussten in Hypnose und Psychoanalyse
Hypnose-ZHH, 2009, 4(1+2), 49-78

These: Der Begriff Unbewusstes erfuhr in der Geschichte der Psychotherapie verschiedene Bedeutungswandlungen, die im Spannungsfeld zwischen Hypnose und Psychoanalyse entstanden sind.

Darlegung: Die durch Sigmund Freud initiierte und dann fast ein Jahrhundert lang bestehende Ablehnung der Hypnose durch die Psychoanalyse dauert an, sieht man von den wenigen Ausnahmen unorthodoxer Psychoanalytikern ab, die die Hypnose angenommen haben. Eine Erklärung hierfür – basierend auf der konträren Bedeutungsgebung des Begriffes Unbewusstes – wird im vorliegenden ersten Teil gegeben. Der geschichtliche Verlauf dieses Bedeutungswandels wird dargestellt: Der Begriff Unbewusstes war bei seiner Einführung Anfang des 19. Jahrhunderts im Zusammenhang mit dem animalischen Magnetismus der Frühromantik noch positiv konnotiert; er erfuhr im Verlauf des 19. Jahrhunderts durch Schopenhauer und Nietzsche einen Bedeutungswandel ins Negative, die dann von Sigmund Freud Anfang des 20. Jahrhunderts für seine Konzeption des psychischen Apparats übernommen wurde. Durch Milton H. Erickson kam es Ende des 20. Jahrhunderts erneut zu einem Bedeutungswechsel; der Begriff Unbewusstes wurde und wird in der modernen Hypnotherapie nun wieder im Sinne einer positiven Ressource gebraucht.

Folgerungen: Das Unbewusste in der Psychotherapie ist eine begriffliche Konstruktion, deren Semantik indessen entscheidende handlungsleitende Konsequenzen hat, wie an den konzeptuellen Unterschieden zwischen Hypnose und Psychoanalyse zu sehen ist.

Schlüsselwörter: Unbewusstes, Hypnose, Psychoanalyse, animalischer Magnetismus, Sigmund Freud, Sexualität, Schopenhauer, Nietzsche, Milton H. Erickson

Léon Chertok

Die Entdeckung der Übertragung. Annäherung an eine epistemologische Interpretation
Hypnose-ZHH, 2009, 4(1+2), 79-106

Hintergrund: Der genaue Zeitpunkt und die Umstände der Entdeckung der Übertragung durch Sigmund Freud sind bislang noch nicht klar bestimmt. Es wird der Versuch unternommen, Licht in diese Problematik zu bringen, indem die unbewussten Motive ermittelt werden, die bei dieser Untersuchung möglicherweise entscheidend waren; sie werden wieder in ihren historischen Rahmen gerückt unter Verwendung der biographischen Daten von Freud. Seit den Anfängen der Untersuchungen zur psychotherapeutischen Beziehung im ausgehenden 18ten Jahrhundert war das Interesse der Forscher an der Gefahr der möglicherweise entstehenden erotischen Komplikationen zwischen Arzt und Patient geweckt worden. Die Folge war der heftige Widerstand der Autoren des 19ten Jahrhunderts, sich sowohl auf zwischenmenschliche Verstrickungen einzulassen als auch auf das Studium jeglicher affektiver Beziehung zwischen Therapeut und Patient.

Standpunkt des Autors: Breuer als Opfer eines Zwischenfalls mit erotischem Charakter im Behandlungsverlauf war vor der Gefahr geflohen und hatte generell seine Forschung zur Hysterie aufgegeben. Freud, in ähnlicher Notlage, stellte sich der Situation. Er fand eine Methode der Abwehr, die auf dem Glauben beruhte, die Patientin stelle eine „falsche Verbindung“ her und ihre emotionalen Bedürfnisse seien nicht an ihn persönlich gerichtet, sondern gälten einer Person der weit zurückliegenden Vergangenheit der Patientin. So führte ihn die Sorge um seinen eigenen Schutz zu einer äußerst fruchtbaren Entdeckung – nämlich der Übertragung.

Schlussfolgerung: Die Deutung der Gefühle seiner Patientin war möglicherweise durchaus irrtümlich: Es fehlen uns bis heute verbindliche Kriterien, um zwischen „echter Liebe“ und „Übertragungs-Liebe“ zu unterscheiden; aber dennoch geriet Freud aufgrund eines paradoxen Prozesses auf die richtige Spur, ein Prozess, für den es überdies weitere Beispiele in der Geschichte der Wissenschaft gibt.

Schlüsselworte: Hypnose, erotische Komplikation, Abwehr, Übertragung, Freud, Breuer

J.Philip Zindel, Binningen

Hypnose - eine ganz besondere therapeutische Beziehung
Hypnose-ZHH, 2009, 4(1+2), 107-125

These: Die Beziehung zwischen dem Patienten in Trance und seinem Therapeuten – kurz die hypnotische Beziehung – ist eine ganz außergewöhnliche Form therapeutischer Beziehung. Häufig stellt sie den wichtigsten, in manchen Fällen sogar einen unersetzbaren therapeutischen Faktor dar.

Darlegung der These: Die hypnotische Beziehung ist ihrem Wesen nach eine abstinente, symbiotische Beziehung, die der Mutter-Kind-Konstellation ganz nahe kommt. Die Induktion ist im Grunde eine Form von Ritual, die der Herstellung dieser besonders intensiven Nähe dient. Diese wirkt insbesondere bei frühen Störungen als reparative Beziehung. Zudem fällt in der hypnotischen Beziehung die Übertragung mit ihrer Problematik mit zunehmender Trancetiefe weg.

Standpunkt des Autors: Ausgehend von der hypnotischen Arbeit mit psychotischen und frühgestörten Patienten wurde festgestellt, dass in vielen therapeutischen Situationen nicht hypnotische Phänomene und Strategien im Vordergrund der Arbeit stehen, sondern der Aufbau der positivierenden hypnotischen Symbiose.

Folgerungen: Die hypnotische Beziehung muss einerseits die allgemeinen Kriterien einer therapeutischen Beziehung erfüllen, doch beinhaltet sie auch ganz besondere Potenziale, die auch von der praktischen Seite beleuchtet werden.

Schlüsselwörter: Rapport, hypnotische Beziehung, therapeutische Beziehung, hypnotische Induktion, Übertragung, Intralokution, Asymmetrie, Regression, Abstinenz, Mutter-Kind-Konstellation, Reassoziation

Matthias Mende, Salzburg

Die Utilisierung von Übertragung und Gegenübertragung in der lösungsorien- tierten Hypnotherapie
Hypnose-ZHH, 2009, 4(1+2), 127-152

These: Übertragung/Gegenübertragung sind in der Hypnose ubiquitär und besonders intensiv. Daher macht es Sinn, diese interaktionalen Phänomene nicht nur in psychodynamischen Therapieansätzen, sondern auch in der lösungsorientierten ericksonschen Hypnotherapie zu beachten und für Tranceentwicklung und therapeutische Fortschritte zu utilisieren.

Darlegung der These: Es wird dargelegt, warum sich Übertragung und Gegenübertragung gerade in der Hypnose rasch und intensiv entwickeln. Hypnotische Übertragung/ Gegenübertragung wird operational definiert und in ihren Auswirkungen auf die hypnotische Beziehung untersucht. Danach wird die Utilisierung des Unbewussten als Übertragungsobjekt beschrieben. Unter Verwendung von Fallbeispielen folgt die Beschreibung von Möglichkeiten, Übertragung und Gegenübertragung hypnotherapeutisch zu utilisieren. Auf die Utilisierung von Erwartungen an Hypnose, von Mutter- und Vaterübertragung und von Übertragungsbereitschaft, die in Verbindung mit bestimmten Charakterstrukturen existiert, wird näher eingegangen. Schließlich folgt die Darstellung der Utilisierung positiver und negativer Gegenübertragung in der Diagnostik und bei der Bewältigung schwieriger Therapiephasen.

Folgerungen: Die Beachtung von Übertragung/Gegenübertragung und die Utilisierung dieser interaktionalen Phänomene bietet auch in der lösungsorientierten ericksonschen Hypnotherapie eine brauchbare Möglichkeit, die Qualität der hypnotherapeutischen Beziehung im Sinne der Zielerreichung anzuheben.

Schlüsselwörter: Übertragung, Gegenübertragung, Rapport, Utilisierung, Unbewusstes, ericksonsche Hypnotherapie

Hans Kanitschar, Wien

Hypnosepsychotherapie, ein integratives, tiefenpsychologisch fundiertes Verfahren
Hypnose-ZHH, 2009, 4(1+2), 153-175

These: Es wird die integrative, tiefenpsychologisch fundierte Hypnosepsychotherapie im Überblick dargestellt, wie sie in der Österreichischen Gesellschaft für Angewandte Tiefenpsychologie und Allgemeine Psychotherapie (ÖGATAP) gelehrt wird.. Diese Methode umfasst hypnoanalytische, ericksonianische, hypnobehaviorale und hypnosystemische Ansätze. Das zugrunde liegende Menschenbild orientiert sich an den Erkenntnissen der Tiefenpsychologie bzw. der psychoanalytischen Metapsychologie, ergänzt durch anthropologische Grundannahmen Milton H. Ericksons.

Darlegung der These: Anhand eines tiefenpsychologisch-diagnostischen Rahmenmodells, einer Weiterentwicklung der theoretischen Kernannahmen von Erika Fromm, werden vier Stufen der strukturellen Integration der menschlichen Psyche beschrieben. Es wird versucht, die Theorie der Ego-States von John und Helen Watkins mit den vier Stufen psychischer Integration in Beziehung zu setzen. Weiters wird ein Modell zur Therapieplanung vorgestellt, das drei Modi hypnosetherapeutischer Interventionen unterscheidet. Es sind dies der Modus „Ich-Stärkung, Ressourcenaufbau und Übung“, der Modus „Konfliktbearbeitung und korrigierende emotionale Erfahrung“ und der Modus der „Zukunfts- und Lösungsorientierung“. Das vierstufige Modell der psychischen Integration erlaubt es, hypnosetherapeutisch nutzbare Fähigkeiten für die jeweilige Stufe zu formulieren und diese mit den drei Modi der Intervention in Beziehung zu setzen. Daraus ergeben sich spezifische Schlussfolgerungen für die Therapieplanung und die Feinabstimmung hypnosetherapeutischer Strategien und Techniken.

Folgerungen: Die Integration verschiedener hypnosetherapeutischer Ansätze auf tiefenpsychologischer Basis ist ein gangbarer Weg, um verschiedene Indikationen von Hypnosetherapie in einem Modell zu vereinen.

Schlüsselwörter: Integrative Hypnosepsychotherapie, tiefenpsychologische Fundierung, ericksonsches Menschenbild, Integrationsstufen der Persönlichkeit, hypnosetherapeutische Interventionsmodi, Therapieplanung

J.Philip Zindel, Binningen

Überblick über die Hypnoanalyse
Hypnose-ZHH, 2009, 4(1+2), 177-188

These: Die Hypnoanalyse besteht aus vielfältigen Kombinationsmöglichkeiten von psychoanalytischem Denken und hypnotherapeutischen Interventionen.

Darlegung der These: Die Hypnoanalyse stellt nicht ein eigenes, einheitliches therapeutisches System dar, sondern ist ein sehr heterogener Begriff, entstanden aus verschiedenen Sichtweisen mit verschiedenen Gewichtungen der beiden Komponenten Hypnose und Psychoanalyse. Es gibt dabei eine sehr große Bandbreite von Kombinationen, die alle sinnvoll eingesetzt werden können. So kann einerseits die Hypnose in eine psychoanalytische Behandlung Eingang finden, um deren Verlauf zu vereinfachen und zu bereichern. Das andere Ende ist eine fast reine Hypnosearbeit, die aber unter analytischen Gesichtspunkten konzipiert wird. Ein Schlüsselpunkt ist dabei in jedem Fall die Beachtung der Natur der hypnotischen Beziehung als abstinente, therapeutische Symbiose. Eine kurze Fallvignette illustriert eine der Anwendungsmöglichkeiten.

Standpunkt des Autors: Eine zeitgemässe Betrachtung der hypnotischen Vorgänge unter psychoanalytischen Gesichtspunkten lässt eine flexible Integration von hypnotischen Interventionen innerhalb eines psychoanalytischen Konzeptes absolut zu, ja lädt dazu ein. Gleichzeitig können Klippen einer rein hypnotischen Arbeit durch psychodynamisches Denken sinnvoll vermieden werden.

Schlussfolgerungen: Hypnose und Psychoanalyse können, bewusst und fundiert angewandt, einander durchaus ergänzen, ohne sich dabei gegenseitig zu stören. Voraussetzung ist eine seriöse Ausbildung in beiden Disziplinen.

Schlüsselwörter: Hypnoanalyse, hypnotische Beziehung, symbiotische Beziehung, Übertragung, Suggestion

Klaus-D. Hüllemann, Universität München

Psychodynamik und Hypnotherapie: Fühlen, Denken, Helfen
Hypnose-ZHH, 2009, 4(1+2), 189-206

These: Die Psychodynamik hat sich in Deutschland aus der Psychoanalyse entwickelt zu einem auf die Praxis bezogenem Verfahren. Es ist die am meisten kassenfinanzierte Behandlungsform bei psychischen Störungen. Der Blick geht in die Vergangenheit. Die pathogenetische Ausrichtung führt zur Defizienzorientierung mit kriegerischen Metaphern. Die Idee der Übertragung ist nur noch haltbar als Beachtungshinweis für die subjektiven Einflüsse, vor allem jene, die vom Therapeuten ausgehen. Psychodynamik unterstützt das Verstehen. Ihre Argumente und ihre Begrifflichkeit sind dienlich für erfolgreiche Begutachtungen. Hypnotherapie blickt in die Zukunft. Die Ausrichtung ist salutogenetisch, Ressourcen orientiert und auf professionell ausgebildete zwischenmenschliche Beziehung. Die Ausbildung in suggestiven Techniken ermöglicht, diese Techniken indiziert, dosiert und kontrolliert einzusetzen in einer warmherzigen und achtungsvollen Beziehung auf Augenhöhe.

Darlegung der These: An Hand des persönlichen psychotherapeutischen Werdeganges von über 40 Jahren werden die Erfahrung mit den Psychotherapieausbildern, mit den Lehrmeinungen und mit der praktischen Umsetzung beschrieben und vor dem Hintergrund der Literatur diskutiert.

Standpunkt des Autors: Die Realität des psychodynamischen Ansatzes für die kassenfinanzierte Psychotherapie wird anerkannt, ebenso die Nützlichkeit von Theorie und Begrifflichkeit für Begutachtungen. Eine ungünstige Nebenwirkung auf den Therapeuten ist vermeidbar, wenn die Psychodynamik nicht zur Flexibilitätsfessel wird. Die Defizienzorientierung schadet der Beziehung. Die Ressourcen orientierte Hypnotherapie wird bevorzugt wegen ihres Menschenbildes, das sich nach den Chancen und Möglichkeiten des Menschen ausrichtet, und wegen ihrer praktischen Umsetzbarkeit. Meine Gesamtsichtweise geht von einem Zwiebelschalenmodell aus, das den Menschen als bio-psycho-soziale Einheit begreift mit geistigen Fähigkeiten und (bei vielen Menschen) dem Bedürfnis nach Transzendenz.

Folgerungen: Psychodynamik und Hypnotherapie werden um die der Hypnotherapie nahe stehende systemische Sichtweise ergänzt und für die Praxis interpretiert als Einfühlen und Verstehen (psychodynamisch), Bedenken (systemisch) und Helfen (hypnotherapeutisch suggestiv intervenieren).

Schlüssselwörter: Psychodynamik, Hypnotherapie, Lehranalyse, Übertragung, Metapher, Ressource, Utilisation

Luise Reddemann, Universität Klagenfurt

Ego State Therapie, ein Bindeglied zwischen Psychoanalyse und Hypnotherapie
Hypnose-ZHH, 2009, 4(1+2), 207-214

These: Ego State Arbeit, Psychoanalyse und Hypnotherapie können sich ergänzen und bereichern.

Darlegung der These: Es wird dargestellt, dass das Ego State Modell therapeutisch so verwendet werden kann, dass sowohl psychoanalytische Konzepte der Übertragung wie hypnotherapeutisch-suggestive Elemente Anwendung finden.

Standpunkt der Autorin: Die Autorin geht davon aus, dass insbesondere in der Behandlung von traumatisierten PatientInnen das Ego State Modell klinisch mehr Sicherheit bietet, da es dem „erwachsenen Ich“ mehr Kompetenzspielraum einräumt und gleichzeitig Bedürfnisbefriedigung der States imaginativ erlaubt.

Folgerungen: In der Behandlung schwieriger PatientInnen, insbesondere solchen, die an posttraumatischen Störungsbildern leiden, ist daher eine Einbeziehung des Ego State Modells empfehlenswert und sollte weiter überprüft werden.

Schlüsselwörter: Psychoanalyse, Hypnotherapie, Ego State Therapie, Traumatherapie

Harald Ullmann, Karlsruhe

Die Katathym Imaginative Psychotherapie (KIP) als psychodynamisch orientiertes Behandlungsverfahren mit hypnotherapeutischem Hintergrund
Hypnose-ZHH, 2009, 4(1+2), 215-236

Thema: Die Katathym Imaginative Psychotherapie (KIP) wird mit ihren einzelnen Komponenten als ein psychoanalytisch basiertes Verfahren vorgestellt.

Darlegung: Ihr Dreh- und Angelpunkt ist die affektgetragene, symbolisch verdichtete, dialogisch begleitete Imagination. Neben psychodynamischen Elementen spielen in der KIP auch Elemente der Hypnose eine Rolle, und zwar bereits seit ihren Anfängen als experimentelle Methode.

Standpunkt des Autors und Folgerungen: Die hypnotischen bzw. hypnotherapeutischen Elemente sollten bei der Weiterentwicklung von Theorie und Praxis Berücksichtigung finden. Aus dem Bereich der Neurowissenschaften sind zusätzliche Anregungen und Argumente in Richtung einer methodenintegrativen, schulenübergreifenden, am je einzelnen Menschen orientierten Psychotherapie zu erwarten.

Schlüsselwörter: Katathym Imaginative Psychotherapie, Psychotherapie mit dem Tagtraum, Hypnotherapie, dialogisch begleitete Imagination, geführter Tagtraum, Symbol, interaktive Metapher, Episodenaktivierung, Psychodynamik, Widerstand, Resistenz

O. Berndt Scholz, Universität Bonn

Pathographie als Paradigma der Klinischen Psychologie und Psychotherapie – Beispiele aus Bildender Kunst und Dichtung.
Hypnose-ZHH, 2009, 4(1+2), 237-251

These: Der Essay widmet sich einer Methode, die mindestens seit dem 19. Jahrhundert in der psychopathologischen Forschung benutzt wird - der Pathographie. Gegenstand, Einsatz, Erkenntniswert und Grenzen der Methode werden eingangs aufgezeigt. An zwei Beispielen aus dem Reich der Schönen Künste wird dies illustriert.

Darlegung der These und Standpunkt des Autors: Als Repräsentant für die Malerei und Bildenden Kunst wurde Albrecht Dürer gewählt. Anhand seiner Biografie und vieler seiner Werke finden sich starke Hinweise, dass Dürer wahrscheinlich an einem Generalisierten Angstsyndrom gelitten haben mag. Als Repräsentant für Literatur und Dichtung wurde Rainer Maria Rilke ausgesucht. An seiner Biographie und Beispielen seiner Lyrik werden die beiden großen Lebensthemen aufgezeigt: die Sehnsucht (das Bedürfnis) nach Heimat und nach Liebe - beides in einem transzendentalem Sinne verstanden. Davon ausgehend wird Ausschau nach angemessenen psychotherapeutischen Strategien gehalten. Therapie in Trance könnte bei analogen Problemstellungen überzufällig hilfreich sein.

Folgerungen: Abschließend werden Reflexionen über die Notwendigkeit der Kunst für Wohlbefinden und Leistungsfähigkeit angestellt.

Schlüsselwörter: Pathographie, Albrecht Dürer, Rainer Maria Rilke

Der Heidelberger Hypnoseprozess 1936

“Eine Frau sieben Jahre unter hypnotischem Einfluß. Eine schamlose Ausbeutung vor der Aufklärung?” Teil 1          Hypnose-ZHH, 2009, 4(1+2), 269-272

Vom 23. Mai bis 15. Juni 1936 fand in Heidelberg ein spektakulärer Prozess statt: Zwei Män­­ner waren angeklagt, eine verheiratete Frau sieben Jahre unter hypnotischem Einfluss für ihre Zwecke “schamlos ausgebeutet” zu haben. Eine wichtige Rolle in diesem Prozess spielte der Heidelberger Hypnosearzt Ludwig Mayer, der 1937 in seinem Buch “Das Verbrechen in Hyp­nose und seine Aufklärungsmethoden” (München: J.F. Lehmanns) seinen Anteil an der “Auf­­klärung” ausführlich schilderte. Ursula und Norbert Lebert verdanken wir die Ko­pien der fortlaufenden Prozessberichte aus den Heidelberger Neueste Nachrichten, die wir hier und in folgenden Heften abdrucken werden. Obwohl das Urheberrecht abgelaufen ist, haben wir uns bemüht, bei ev. Nach­fol­ge­zei­tungen Abdruckgenehmigung zu erhalten. Das allerdings war nicht möglich, denn die Hei­del­berger Neueste Nachrichten ging in der NS-Zeit in "Volksgemeinschaft: Heidelberger Beob­achter" auf; diese Zeitung wurde 1944 eingestellt und nach dem Krieg, vermutlich wegen der politischen Belastung, endgültig abgewickelt, d.h. sie hat keinen direkten Nachfolger. Der Abdruck erfolgt in Fortsetzungen und wird nach dem letzten Abdruck wissenschaftlich kommentiert werden.

Schlüsselwörter: Hypnose, Verbrechen, Prozess, Heidelberg, NS-Zeit