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Band 18 (2023) – Hypnose und Achtsamkeit

Doppelheft 1+2, Oktober 2023, 224 Seiten

der Zeitschrift  Hypnose – Zeitschrift für Hypnose und Hypnotherapie  (Hypnose-ZHH)

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Inhaltsangabe und Abstracts

 

Michael E. Harrer 

Modelle einer integrierten Verwendung von Hypnose und Achtsamkeit in der Psychotherapie 

H y p n o s e - Z H H 2023, 18(1+2), 9-39 

Hypnose und achtsamkeitsbasierte Interventionen haben sich im klinischen Bereich bei unterschiedlichen Störungsbildern als wirksam erwiesen. Um ihre Anwendbarkeit zu erweitern und ihre Wirksamkeit zu verstärken, liegt es nahe, die beiden Verfahren zu kombinieren. Der vorliegende Beitrag gibt eine Übersicht über die in der Literatur beschriebenen Wege der Integration. Neben grundsätzlichen Überlegungen verschiedener Autor:innen zur gemeinsamen Anwendung von Hypnose und Achtsamkeit werden konkrete Modelle vorgestellt, wie das Modell der „Mindful Hypnotherapy“ und ein wirkfaktorenbasierter Ansatz. Neben störungsübergreifend, modular aufgebauten Vorgehensweisen werden auch störungsspezifische Konzepte beschrieben. Bei allen Anwendungen von Achtsamkeit bildet das Verkörpern der Achtsamkeit durch die Therapeut:innen die Basis des Vorgehens. Etwas ausführlicher wird daher die Rolle von Achtsamkeit, Präsenz und Mitgefühl zur Herstellung von Rapport und bei der Gestaltung der therapeutischen Beziehung dargestellt. 

Schlüsselworte: Hypnose, Achtsamkeit, Akzeptanz, Allianz, Präsenz, Empathie, Mitgefühl, Rapport 

 

Tina Draszczyk 

Achtsamkeit und Metaphern vor dem Hintergrund der buddhistischen Psychologie 

H y p n o s e - Z H H 2023, 18(1+2), 41-64 

Dieser Artikel beleuchtet Achtsamkeit bzw. Achtsamkeitspraxis, wie sie Eingang in das westliche Gesundheitswesen im weitesten Sinn gefunden hat. Der erste Teil vermittelt den buddhistisch-psychologischen Hintergrund von Achtsamkeit sowie die heilsamen Wirkungen, die sich mit dieser Geistesschulung entfalten können. Der zweite Teil widmet sich konkreten Möglichkeiten, wie Achtsamkeitspraxis aufgebaut und angewendet werden kann. Ein besonderes Augenmerk liegt auf der Art und Weise, wie Metaphern als Unterstützung eingesetzt werden, um ein ausgewogenes Verständnis von Achtsamkeit und deren Anwendung zu vermitteln. In diesem Zusammenhang wird zudem herausgearbeitet, welche sprachlichen Elemente beim Anleiten wichtig sind. Um dies deutlich zu machen, werden abschließend die sprachlichen und die nonverbalen Aspekte von Achtsamkeitsanleitungen mit jenen kontrastiert, die im Rahmen von Hypnoseanleitungen gut erforscht und weit verbreitet sind. 

Schlüsselworte: Achtsamkeit, Metaphern, Buddhismus, innehalten, Bewusstheit, Stressbewältigung 

 

 

Mark Jensen und Michael E. Harrer 

Hypnose und Achtsamkeit in der Behandlung von chronischem Schmerz. Ein Interview mit Mark Jensen 

H y p n o s e - Z H H 2023, 18(1+2), 65-78 

Als international anerkannter Experte im Bereich der Schmerztherapie mit Hypnose beantwortet Mark Jensen (Seattle, USA) in diesem Interview Fragen über seinen Weg zur Hypnose und zu seiner Forschung in diesem Bereich. Seine Forschungsprojekte betreffen die Kombination von Hypnose mit anderen Methoden wie der kognitiven Verhaltenstherapie, Achtsamkeit und Neurofeedback. Sein Ziel ist, durch die Kombination unterschiedlicher Methoden die Wirksamkeit der Therapieangebote zu erhöhen. Er beschäftigt sich auch mit der Frage der Prädiktoren, woran man ablesen könne, welche Personen auf welche Methode am besten ansprechen, beispielsweise Muster im Gehirnstrombild (EEG) und ihre Hypnotisierbarkeit. Zur Frage, wie Therapien wirken, stehen psychologische Faktoren als potenzielle Mechanismen im Vordergrund. Abschließend berichtet Mark Jensen noch von zukünftigen Projekten und von seiner eigenen Achtsamkeitspraxis. 

Stichworte: Schmerz, Hypnose, Achtsamkeit, Hypnotisierbarkeit, EEG, Prädiktoren 

 

Zoltan Dienes und Jean-Rémy Martin

Die Rolle von Hypnose und Meditation in der Bewusstseinsforschung. Ein Interview mit Zoltan Dienes 

H y p n o s e - Z H H 2023, 18(1+2), 79-88 

In diesem Interview beantwortet Zoltan Dienes (Brighton, UK), Experte für Bewusstseinsstudien, Fragen zu Hypnose und Meditation: Warum sind Hypnose und Achtsamkeit interessante Themen für die Erforschung des Bewusstseins? Ist der Begriff des veränderten Bewusstseinszustandes im Zusammenhang mit Hypnose und Achtsamkeit von Nutzen? Was wissen wir über die neurokognitiven Mechanismen, welche die Wirkung von Hypnose und Achtsamkeit unterstützen? Es gibt eine lange Tradition der klinischen Anwendung von Hypnose, insbesondere als schmerzlindernde Methode; könnten Achtsamkeit und Hypnose auf die gleiche Weise wirken? Auf Grundlage seiner empirischen und theoretischen Forschungen zu Hypnose und Meditation gibt Zoltan Dienes uns seine Antworten. Es wird postuliert, dass Hypnose und Meditation metakognitive Prozesse aktivieren, wenn auch auf entgegengesetzte Weise. 

Stichworte: Bewusstsein, Hypnose, Meditation, Metakognition 

 

 

Christine Brähler 

Die Stärkung von Selbstmitgefühl als Ziel von Psychotherapie – nicht nur in der Behandlung von Traumafolgen 

H y p n o s e - Z H H 2023, 18(1+2), 89-106 

Selbstmitgefühl ist die Fähigkeit, auch in Zeiten von Not und Disstress wohlwollend auf sich selbst zu blicken, sich als liebenswürdig und wert zu fühlen, Aufmerksamkeit zu bekommen, und sich durch das gemeinsame Menschsein mit anderen Menschen verbunden zu fühlen. Scham hingegen kann man als ein Erleben definieren, bei dem man sich isoliert vom Rest der Menschheit und allein fühlt, als unwürdig, Aufmerksamkeit und Liebe zu empfangen. Selbstmitgefühl ist somit offensichtlich ein Antidot gegen die Scham. Scham spielt bei unterschiedlichen psychischen Störungen eine bedeutsame Rolle. Der Beitrag diskutiert die Rolle von Selbstmitgefühl in der Behandlung von Komplexen Posttraumatischen Belastungsstörungen, er zeigt Wege auf, Ängste gegenüber Selbstmitgefühl zu verstehen und Barrieren zu umschiffen und beschreibt die Yinund Yang-Qualitäten von Selbstmitgefühl und die Bedeutung von kraftvollem Selbstmitgefühl. Selbstmitgefühl kann auch zu einer Ressource für Therapeuten werden, um gut mit getriggerten eigenen Persönlichkeitsanteilen umzugehen und sich selbst vor stellvertretender Traumatisierung zu schützen, aber auch um ihren Klientinnen Beschämung und Retraumatisierung zu ersparen und für diese ein sicherer Hafen und eine sichere Basis zu sein, bis sie beides in sich selbst entwickelt haben. 

Schlüsselwörter: Selbstmitgefühl, kraftvolles Selbstmitgefühl, Selbstmitgefühlspause, Angst vor Mitgefühl, Scham, PTSD, Komplexe Posttraumatische Belastungsstörung, Psychose, Vergebung 

 

 

Björn Riegel 

Die Harvard Group Scale of Hypnotic Susceptibility 5 (HGSHS-5:G). Anwendung, Auswertung und Interpretation der deutschen Kurzfassung der HGSHS:A 

H y p n o s e - Z H H 2023, 18(1+2), 107-118 

Die Harvard Group Scale of Hypnotic Susceptibility, Form A (HGSHS:A) ist ein weit verbreitetes Instrument zur Erfassung der individuellen Hypnotisierbarkeit. Da die Durchführung zeitaufwändig ist, wurde an einer großen deutschen Stichprobe mittels statistischer Verfahren eine Reduktion der Itemanzahl erreicht (Riegel et al., 2021). Die fünf „Challenge-Items“ bilden nun die deutsche Kurzfassung HGSHS-5:G. Deren Anwendung, Auswertung und Interpretation werden beschrieben. Darüber hinaus werden Anleitungstext und Auswertungsschema zur weiteren Erforschung der HGSHS-5:G zur Verfügung gestellt. 

Schlüsselwörter: Hypnose, Hypnotherapie, Hypnotisierbarkeit, Suggestibilität, Testverfahren 

 

Burkhard Peter 

Suggestibilität and Hypnotisierbarkeit. Geschichte und Theorie 

H y p n o s e - Z H H 2023, 18(1+2), 119-144 

Ausgehend von historischen Zeugnissen, in denen schon ab 1775 Unterschiede in der Empfänglichkeit für den animalischen Magnetismus und ab 1800 in der Fähigkeit zum Somnambulismus festgestellt wurden, wird in diesem Geschichte- und Theorie-Teil unterschieden zwischen verschiedenen Konzepten der Suggestibilität und Hypnotisierbarkeit. Es wird die theoretische Kontroverse über das „richtige“ Verständnis von Hypnose und Hypnotisierbarkeit dargestellt, welche den Hypnose-Diskurs der 1970er und 1980er Jahre bestimmt hat, denn diese Kontroverse, die noch in die heutige Theorie und Praxis der Hypnose hineinwirkt, definiert unser Verständnis von Suggestibilität und Hypnotisierbarkeit. 

Schlüsselwörter: Suggestibilität, Hypnotisierbarkeit, Hypnose, Geschichte, Theorie, Zustand, Nicht-Zustand, Erickson 

 

 

Burkhard Peter und Thomas G. Wolf

Persönlichkeitsstile des Homo hypnoticus dentalis und MEGensis in Bezug zu Bindungsstil und Religiosität – Replikation und Ergänzung 

H y p n o s e - Z H H 2023, 18(1+2), 145-175 

In einer vorangegangenen Studie haben Peter und Böbel (2020b) gefunden, dass sich unsicher gebundene Psychotherapeut*innen in neun Persönlichkeitsstilen von sicher gebundenen unterscheiden. Ziel der vorliegenden Studie war es, diese Ergebnisse zu replizieren und zu untersuchen, ob sie auch für andere Gesundheitsberufe wie z.B. Zahnärzte gelten. 891 Probanden aus zwei deutschen Berufsverbänden für Hypnose (DGZH und MEG) wurden online mit dem Persönlichkeits-Stil- und Störungs-Inventar (PSSI) und dem Relationship Scale Questionnaire (RSQ) befragt. Da sich diese Professionellen für Hypnose interessierten und sie in ihrer Praxis anwendeten (HYP), wurden 150 Zahnärzt*innen ohne Hypnosekontext (NONHYP) als Kontrollgruppe mit den gleichen Instrumenten untersucht. Die Ergebnisse der vorangegangenen Bindungsstudie konnten repliziert werden: Unsicher gebundene Professionelle im Gesundheitswesen unterschieden sich signifikant von sicher gebundenen in denselben neun (plus einem, d.h. 10) Persönlichkeitsstilen, wenn sie psychologische Methoden einschließlich Hypnose anwandten. Wenn sie keine Hypnose anwandten (wie die NONHYP-Zahnärzte), unterschieden sie sich in der Hälfte der Persönlichkeitsstile. Für den selbstbehauptend/antisozialen (AS) Persönlichkeitsstil wurden keine Unterschiede innerhalb und zwischen den Stichproben festgestellt. Auch bei den Persönlichkeitsstilen sorgfältig/zwanghaft (ZW) und ahnungsvoll/schizotypisch (ST) wurden keine Unterschiede innerhalb der Stichproben festgestellt. Große Unterschiede zwischen den Stichproben waren jedoch bei ZW und ST offensichtlich. Die beiden Stichproben der Zahnärzte waren außerordentlich zwanghafter als die beiden psychotherapeutischen Stichproben. Darüber hinaus waren beide HYP-Stichproben wesentlich schizotypischer (ST) als die NONHYP-Stichproben. Schizotypie scheint die Signatur jener Personen zu sein, die sich für Hypnose interessieren und die metaphorisch als homo hypnoticus bezeichnet wurden. AS, ZW und ST sind offensichtlich unabhängig vom Bindungsstil. Religiosität und Spiritualität steht mit Schizotypie ebenfalls in Verbindung: Die mit Hypnose arbeitenden Psychotherapeut*innen und Zahnärzt*innen zeigten hohe Schizotypie-Werte, wenn sie religiös bzw. spirituell ausgerichtet waren – im Unterschied zu nicht mit Hypnose arbeitenden Zahnärzt*innen. Die negativen Aspekte des Persönlichkeitsstils Schizotypie werden für die wissenschaftliche Anerkennung von Hypnose als problematisch angesehen. 

Schlüsselwörter: Querschnittsstudie, Zahnarzt, Homo hypnoticus, Homo hypnoticus dentalis, Hypnose, Persönlichkeitsstil, Psychotherapeuten, Religiosität 

 

 

Maria Hagl 

Studien zur Wirksamkeit von klinischer Hypnose und Hypnotherapie in 2022 

H y p n o s e - Z H H 2023, 18(1+2), 177-198 

Im Auftrag der Milton Erickson Gesellschaft für Klinische Hypnose e. V. erfolgt jährlich eine Übersicht zu englischund deutschsprachigen randomisierten kontrollierten Studien (randomized controlled trials; RCTs) und Metaanalysen zur Wirksamkeit von klinischer Hypnose und Hypnotherapie. In der systematischen Literatursuche nach im Jahr 2022 in Zeitschriften mit Gutachtenverfahren publizierten Studien wurden 25 RCTs mit klinischen Stichproben gefunden, in denen hypnotherapeutische Interventionen (zum Teil nur als Selbsthypnose per Audio oder Virtual-Reality-Brille) mit einer Kontrollgruppe verglichen wurden; fünf davon waren 2021 vorab online veröffentlicht. In elf RCTs wurde der meist kurzfristige Einsatz von Hypnose bzw. hypnotherapeutischer Kommunikation bei medizinischen Eingriffen evaluiert. In weiteren 14 RCTs wurden hypnotherapeutische Interventionen bei chronischen Beschwerden evaluiert, vorwiegend bei Schmerzsyndromen und funktionellen Störungen, aber auch bei Verhaltensproblemen bzw. psychischen Beschwerden. Nur drei der 25 RCTs waren vor oder zum Rekrutierungsstart in einem Studienregister angemeldet worden, 16 weitere danach. Bei den zahlreichen neu im Jahr 2022 in den entsprechenden Studienregistern gemeldeten RCTs zu Hypnose sind mehr als die Hälfte prospektiv angemeldet. Die für viele Fachzeitschriften längst obligatorische Prä-Registrierung setzt sich damit nur mit Verzögerung durch, obwohl dies sehr wünschenswert wäre, weil so das Risiko einer verzerrten Darstellung von Forschungsergebnissen, z. B. das selektive Berichten von signifikanten Effekten, reduziert wird. 

Schlüsselwörter: Hypnose, Hypnotherapie, Wirksamkeit, Evidenz, randomisierte kontrollierte Studien, RCT, Metaanalyse, Übersichtsarbeit. 

 

 

Hansjörg Ebell 

Vertrauensbruch. Hypnose und Selbsthypnose ermöglichen die erfolgreiche physiotherapeutische Behandlung nach einer Ellenbogenfraktur mit Komplikationen 

H y p n o s e - Z H H 2023, 18(1+2), 199-206 

Ängstlich kontrollierendes Anspannen verhindert nach der operativen Versorgung einer Ellenbogenfraktur die physiotherapeutische Behandlung. Da kein mechanisches Hindernis vorliegt, will man dem Patienten klar machen, dass das Problem nicht das Gelenk sei, sondern seine Psyche. Bei dem Versuch, das Strecken des Unterarmes zu erzwingen, kommt es zu einem erneuten Bruch im Gelenk. Postoperativ besteht wieder das gleiche Problem, diesmal natürlich noch verstärkt. Mittels Hypnose und Selbsthypnose – in enger Kooperation mit der Physiotherapeutin – gelingt es, die Hürden zur erfolgreichen Rehabilitation zu überwinden. Besonders hilfreich erweist sich dabei die Technik der ideomotorischen Fingersignale. 

Stichworte: Hypnose, Selbsthypnose, ideomotorische Fingersignale, postoperative Behandlung